Ein grossflächiger Stromausfall in der Schweiz würde enorme Schäden an Personen, Vermögen und wirtschaftlicher Leistung nach sich ziehen und muss unbedingt vermieden werden. Dennoch lehnt der Regierungsrat den Rettungsschirm für die Elektrizitätswirtschaft in der vorliegenden Form ab, weil er wenige sogenannte «systemkritische» Unternehmen definiert, die einzig, zwingend und sofort dem Rettungsschirm unterstellt werden sollen. Er erachtet dieses Vorgehen als nicht zielführend und unverhältnismässig.
Ablehnung von staatlichen Eingriffen ohne Not
Der Gesetzesentwurf würde dem Bund unmittelbar nach Inkrafttreten Mitte 2022 weitreichende Kompetenzen geben, die Geschäftstätigkeit der als «systemkritisch» bezeichneten Unternehmen zu kontrollieren, ohne dass bereits eine Notlage unmittelbar bevorsteht. Die Definition von Unternehmen als «systemkritisch» ist für den Regierungsrat nicht nachvollziehbar und willkürlich. Der Rettungsschirm sei wettbewerbsverzerrend, da die sogenannten «systemkritischen» Unternehmen gegenüber andern über eine faktische Staatsgarantie verfügten. Weiter bemängelt der Regierungsrat den Zwang für die sogenannten «systemkritischen» Unternehmen, die unmittelbar nach dem Inkrafttreten unter den Rettungsschirm gestellt würden. Dies bedeute einen sofortigen, massiven Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit. Es bestehe die Gefahr, dass die Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung gebremst würden und ihre Fähigkeit geschwächt werde, ausserordentliche Krisen möglichst aus eigener Kraft zu bewältigen.
Rettungsschirm soll freiwillig und für weitere Unternehmen offen sein
Der Regierungsrat des Kantons Bern verlangt, dass die Unterstellung unter den Rettungsschirm freiwillig ist und dieser weiteren Stromversorgungsunternehmen offensteht. Im Kanton Bern würde gemäss Entwurf einzig die BKW AG unter den Rettungsschirm gestellt. Die Bedeutung der anderen Energieversorgungsunternehmen ist aber für die Stromversorgung im Kanton Bern und in der Schweiz ebenfalls gross und muss berücksichtigt werden. In einem Extremszenario, das sehr rasch eintreten würde und solch grosse Auswirkungen hätte, wie es der Bund der Vorlage zugrunde legt, ist eine Delegation an die Kantone, die Gemeinden und die Eigentümer nicht sinnvoll und nicht nachvollziehbar und beinhaltet grosse Risiken für die nationale Versorgungssicherheit. Um Fehlanreize zu vermeiden, sollen dabei die Konditionen der gewährten Darlehen so unattraktiv sein, dass Unternehmen diese nur im äussersten Notfall in Anspruch nehmen. Unternehmen, die sich nicht rechtzeitig darum bemühen, sollen trotzdem gerettet werden können, aber dann zu noch schlechteren Konditionen.
Weitergehende staatliche Eingriffe erst bei drohendem Zusammenbruch der Stromversorgung
Den Energieversorgungsunternehmen wird es nicht möglich sein, sich gegen ein generelles Versagen des gesamten Strommarkts zu wappnen. Für diesen Fall kann die Zuständigkeit nur beim Bund liegen, darauf sollte die Gesetzesvorlage fokussiert werden. Für den Regierungsrat ist klar: Der Bund muss mit dem Rettungsschirm vor allem gesetzliche Grundlagen schaffen, um in grossen Notsituationen den Zusammenbruch des Strommarkts insgesamt zu verhindern und die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten. Weitergehende Eingriffe, wie etwa eine Zwangsunterstellung von Unternehmen unter den Rettungsschirm, solle der Bund erst vornehmen dürfen, wenn sonst ein Zusammenbruch des Energiesystems konkret droht und die Stromnachfrage effektiv nicht mehr gedeckt werden könnte.